Wie arbeitet Trauma-Therapie?
Die von Peter Levine entwickelte Therapieform betrachtet Trauma nicht als psychologisches Geschehen, sondern als physiologisches, also als körperliches. Nicht das in der Vergangenheit liegende traumatische Erlebnis reduziert die Lebensqualität der Betroffenen, sondern die Schlafstörungen, der erhöhte Blutdruck, die Enge in der Kehle, der Druck im Bauch, die Angst, bestimmte Gegenden aufzusuchen oder zu bestimmten Zeiten das Haus zu verlassen, um nur einige der möglichen Symptome zu nennen. Alles Erscheinungsformen, die sich im Jetzt körperlich oder im Verhalten manifestieren.
Die Therapie verläuft in Gesprächsform. KlientIn und Therapeut beobachten gemeinsam während der Schilderung des Erlebten, ob sich im Körper der erzählenden Person Veränderungen einstellen wie beispielsweise veränderte Atmung, Herzschlag, Kälte-/Hitzeempfindungen, Muskelspannungen, Zittern… Wann immer dies der Fall ist, wird die Schilderung des Erlebten unterbrochen, um den Körpersymptomen Raum zu geben, sie zu beobachten, was schließlich irgendwann zu deren Verschwinden führt. Grundlage dieser Veränderungen ist die Tatsache, dass alles in unserem Körper und Gehirn, was physiologisch überlebenswichtig ist, von Natur aus eine starke Fähigkeit zur Selbstregulierung besitzt. Während die Betroffenen in ihrem Alltag verständlicherweise versuchen, gegen die Symptome anzukämpfen, um diese loszuwerden, geschieht in der Therapie das genaue Gegenteil: die Symptome werden eingeladen, sich in vollem Umfang zu zeigen. Gemeinsam untersuchen KlientIn und Therapeut deren genaue Eigenschaften, geben ihnen Zeit und Aufmerksamkeit und schaffen damit die Voraussetzungen, dass die Selbstregulierungskräfte ihre Arbeit verrichten können und der Alarm-Modus nach und nach ausgeschaltet wird. Auch werden veränderte Emotionen, aufkommende Gedanken oder Bilder in Ruhe betrachtet, indem sie zunächst als das, was sie sind, nämlich Emotion, Gedanke oder Bild bewusst angenommen werden. In einem zweiten Schritt wird aber auch hier untersucht, welche körperlichen Veränderungen mit den Emotionen, Gedanken oder Bildern einhergehen. Die Einbeziehung der körperlichen Ebene macht die Aufarbeitung von Emotionen effektiver und führt dazu, das sich die KlientInnen in aller Regel am Ende einer Stunde stabiler und freier als zu Beginn fühlen. Auch dann, wenn die Konfrontation mit dem Erlebten oder mit aufkommenden starken Emotionen während der Stunde möglicherweise als gefährlich erlebt wird. Dieses Erleben von Intensität und Gefahr dauert meistens lediglich 30 – 60 Sekunden und hinterher stellt sich oft ein Schmunzeln auf den Gesichtern der Betroffenen ein und es folgen Worte wie „… und davor habe ich solange Angst gehabt?“
Die meisten Betroffenen benötigen relativ wenige Therapie-Stunden, um zu ihrem normalen Leben zurück zu kehren. Drei bis zehn Stunden sind sehr oft ausreichend. Dies gilt besonders für Menschen, die ein einmaliges Erlebnis aus der Bahn geworfen hat, wie z.B. ein Unfall, eine Trennung, der Tod eines Angehörigen… Menschen, deren Beschwerden darauf zurück zu führen sind, dass sie in ihrer frühen Kindheit sehr ungünstige Bedingungen hatten, können deutlich mehr Stunden benötigen. Oft ist für diese Menschen eine Kombination von Trauma-Therapie mit Feldenkrais sehr sinnvoll.